Bei einer Meditation im Jahr 2005 sieht Tatjana Reis vor ihrem inneren Auge einen Ort und spürt: Da muss ich hin. „Es war ein starkes Gefühl von Innen, das mich an einem bestimmten Ort führen sollte. Die Anhaltspunkte: Ein Ort, an dem dunkelhäutige Menschen ein ursprüngliches Leben leben“, beschreibt Tatjana im Nachhinein.
Tatjana aus Winterborn macht damals gerade ihre Ausbildung zur Naturtherapeutin und spricht mit ihrem Ausbilder über die inneren Bilder und mögliche Länder. Schließlich entscheidet sie, dass Tansania der richtige Ort ist, um diese Ursprünglichkeit zu erleben – und den Kilimandscharo zu besteigen. Im Vorfeld informiert sich Tatjana über die Stämme des Landes, denn sie will bei ihrer Reise einen Einblick in das Leben der Menschen vor Ort bekommen. Zwei kommen in die engere Auswahl, einer davon ist der Stamm der Barabaig. Dann macht sich die Winterbornerin für drei Monate auf die Reise. Als sie in einem Reisebüro ihre Bergbesteigung auf den Kilimandscharo buchen will, trifft sie den Berg- und Safariführer sowie Elite-Marathonläufer Gisamoda Gidumbanda Maishara und spürt sofort eine Verbundenheit. Als sie ihm von den Plänen berichtet, den Stamm der Barabaig besuchen zu wollen, stellt sich heraus, dass Gisamoda zu diesem Stamm gehört – und er lädt sie ein, seine Kultur näher kennenzulernen. Seit 2009 sind sie verheiratet und leben mal zusammen, mal getrennt, in Deutschland und Tansania.
Vision Tansania e.V. – Brunnenbau mit viel Engagement
In Tansania erfährt Tatjana bei ihrer ersten Reise, wie mühsam das Leben in der Region Danga’ida, Wandela und Basotu ist. Vor allem das Wasserholen stellt sich als beschwerlich dar. Rund eineinhalb Stunden müssen die Frauen zu Fuß zurücklegen, um zum nächsten Brunnen zu gelangen. Tatjana wird tätig und gründet 2007 den Verein „Vision Tansania e.V.“.
Mit Öffentlichkeitsarbeit macht sie auf die Situation in Ostafrika aufmerksam und sammelt bei Infoveranstaltungen und Vorträgen, vor allem aber mit dem seit 2007 jährlich im September in Winterborn stattfindenden Benefizlauf „Laufen für Wasser“, Geld für verschiedene Projekte in Tansania. Mit diesen finanziellen Mitteln, vor allem aus dem Donnersbergkreis, konnte 2010 der erste Brunnen in Wandela gebaut werden. Zunächst mit einer Dieselpumpe gefördert, wird der Brunnen seit 2013 mit einer Solarpumpe betrieben. Zwei hauptamtliche Wachmänner kümmern sich um die Beaufsichtigung von Brunnen, Pumpe und Grundstück.
Wohnheim, Kindergarten, ärztliche Versorgung – Die Visionen des Vereins
Für die Schüler der Secondary School errichtet der Verein eine Unterkunft im 17 Kilometer von Danga’ida entfernten Ort Bassotu. Die Schüler, die aus der gesamten Region kommen, können hier in Schlafräumen übernachten und haben einen Aufenthalts- sowie einen Toiletten- und Duschraum. Es gibt noch viele Projekte, die der Verein mit Spenden umsetzen will: Bessere ärztliche Versorgung, Kindergärten, ein Bienenprojekt zur Honiggewinnung und immer wieder das Thema Wasser. Aktuell müssen die Frauen aus Danga’ida noch immer einen eineinhalbstündigen Fußmarsch in Kauf nehmen und so gibt es Pläne, einen weiteren Brunnen in der Nähe zu bohren.
„Es geht darum den Menschen mehr zuzutrauen“
So wichtig Brunnen- und Schulbau auch sind, merkt Tatjana im Laufe der Zeit, dass weitere Themen in den Fokus rücken. Statt in Materialien, will sie in Zukunft vor allem in Menschen investieren. Als Beispiel Bildung: Sie will Geld statt in den Bau von Schulgebäuden lieber in die Ausbildung von Lehrer investieren. Ohne Fachkräfte nützt der beste Klassenraum nichts. Ein guter Lehrer kann notfalls aber auch im Schatten eines Baumes sein Wissen an die Schüler weitergeben. „Es geht darum den Menschen mehr zuzutrauen“, sagt Tatjana.
Ihr Wunsch ist es, ein Bildungszentrum zu etablieren, das den Menschen vor Ort eine Plattform zum Austausch bietet. Es soll ein Ort sein, an dem Menschen zusammenkommen, miteinander reden können, Kreativität eine große Rolle spielt und auch interkulturelle Begegnung und Austausch auf Augenhöhe stattfinden kann.
Tansania oder Pfalz?
Momentan lebt das Ehepaar die meiste Zeit des Jahres getrennt. Gisamoda ist größtenteils bei den Projekten vor Ort. Tatjana kümmert sich um die Vereinsarbeit in Deutschland. Ein paar Monate verbringen sie gemeinsam in Tansania, manchmal auch in Winterborn. Vor rund einem Jahr wollte das Ehepaar diesen Umstand ändern, denn das ständige Reisen ist kräftezehrend. Tatjana kündigt ihre Wohnung und ihren Job und zieht zu ihrem Mann nach Tansania. Doch sie merkt schnell, dass der Zeitpunkt für den kompletten Umzug nach Afrika noch nicht gekommen ist. Das Problem ist vor allem die Vereinsarbeit, die im Moment noch ihre Präsenz in Deutschland erfordert. Nur hier kann sie bei Veranstaltungen und Aktionen wie dem Wasserlauf oder dem „Einpack-Service“ zu Weihnachten Spenden sammeln.
So kehrt Tatjana zunächst in die Heimat zurück und arbeitet nun daran, Vision Tansania e.V. bekannter zu machen, mehr Spenden zu sammeln und weitere Helfer zu finden. Wenn der Verein stabiler aufgestellt ist, will Tatjana den Weg nach Tansania wagen. Auch in beruflicher Hinsicht stellt sie ihre Weichen in die richtige Richtung. Zurzeit sammelt die Pfälzerin praktische Erfahrung in verschiedenen Kindergärten und überlegt eine Teilzeitausbildung zur Erzieherin zu machen. In Afrika will sie dann einen Kindergarten errichten und dort als Pädagogin vor Ort sein. Wann es soweit ist, weiß Tatjana noch nicht, aber der richtige Zeitpunkt wird kommen.
Text: Julia Schattauer Fotos: Tatjana Reis
„LAUFEN FÜR WASSER“ in Winterborn (Pfalz)
Samstag, 15. September 2018 ab 11 Uhr bis Sonntag, 16. September 11 Uhr als 24-Stunden-Lauf.
Treffpunkt und Startposition: Dr. Heinrich-von-Brunck-Halle, Winterborn.
Anmeldung und Infos hier.
Jede Spende hilft: Spendenkonto Vision Tansania
IBAN: DE31540519900007007321 BIC: MALADE51ROK Kto-Nr. 700 73 21 BLZ: 540 519 90 Sparkasse Donnersberg