Karl Schlarb – Der Meister der Puppen

Karl Schlarb Alla hopp
Karl Schlarb vor seinem „alla hopp“

Im „alla hopp“ ist immer etwas los. Wenn Karl Schlarb nicht gerade an seiner Pfaff-Maschine Stoffe für seine Puppen näht, wird im Berliner Bergmannkiez auch gerne Kaffee getrunken und geplaudert. Egal, ob Berliner Freunde, Gäste aus der Pfalz oder Puppenliebhaber aus aller Welt, im Puppenladen und Atelier „alla hopp“ ist jeder herzlich willkommen. Der studierte Modedesigner hat seit 2010 das gefunden, was er lange gesucht hat: Eine berufliche Schnittstelle zwischen Mode und Literatur, seinen beiden Leidenschaften.

Von der Kunstgeschichte in den Modehimmel

Der gebürtige Südpfälzer baut literarische Puppen und verpasst ihnen die zugehörige Garderobe. Es sind elegante Wesen mit feinen Gesichtszügen und opulenter Kleidung und allesamt Unikate. Im Atelier sitzen sie nebeneinander: Kafka, Nofretete und Bowie. Wie es dazu kam? „Das war ein langer Weg, auch wenn es jetzt ganz logisch erscheint“, sagt Karl.
Nach dem Studium der Kunstgeschichte in Karlsruhe zieht Karl direkt nach dem Mauerfall nach Berlin, um am Lette-Verein Modedesign zu studieren. Im Wende-Berlin lebt er in besetzten Häusern, genießt das Großstadtleben und hat sein Coming-Out. „Die Hauptstadt war ein Abenteuer“, erzählt der Wahlberliner. „Als Schwuler habe ich in der Südpfalz nie richtig reingepasst“, gibt Karl zu. Für ihn war es ein wichtiger Schritt, sein Heimatdorf Hochstadt an der Weinstraße zu verlassen. Ein schlechtes Verhältnis zur Heimat hat Karl allerdings nicht. Ganz im Gegenteil.

Die Liebe zur Mode entstand schon in der Kindheit. „In Hochstadt gab es ein altes Kaufhaus, dort durfte ich immer im Lager stöbern und fand immer wieder ausgefallene Kleidungsstücke“, erinnert sich der Modefan. Während seines Modedesign-Studiums war Karl immer wieder zu Besuch in Paris. Dort besucht er Haute-Couture-Shows und blickt hinter die Kulissen der Modewelt. Ohne Karten für die Shows zu haben, schafft er es doch immer wieder an den Catwalk. Einmal spricht er sogar Catherine Deneuve an, die ihn prompt mit in die erste Reihe nimmt. „Es war eine aufregende Zeit in einer faszinierenden Welt“, sagt Karl, der einige Geschichten aus dieser Zeit zu erzählen hat. Prominente, Partys, Pariser Chic. Am Hackeschen Markt verkauft er schließlich in einer renommierten Haute-Couture-Boutique teure Designerstücke an zahlungskräftiges Klientel, Promis gehen aus und ein. Auch ein Praktikum bei Toni Gard in Düsseldorf kann er in seinen Lebenslauf schreiben. Der studierte Modedesigner ist mittendrin in der Welt der Schönen und Reichen, doch er merkte schnell, dass die aufregende Modewelt auch seine Schattenseiten hat. Oberflächlichkeit, geschlossene Kreise, Druck und wenig Möglichkeiten zur eigenen künstlerischen Entfaltung nagen an der Psyche.

Literarische Puppen: Symbiose aus Literatur und Mode

Kurzerhand änderte Karl sein Leben und fängt bei einem Antiquariat als Buchhändler an. Zehn Jahre lang ist er Fachmann für die Welt zwischen zwei Buchdeckeln, weitab von Glamour und Haute-Couture. Eine Zeit, die ihm sehr gut tut, doch trotzdem fragt sich der Modedesigner immer wieder, ob das das Richtige für ihn ist. Sein eigener Chef sein und seine beiden Leidenschaften, die Mode und die Literatur zum Beruf machen, das ist es, was er langfristig erreichen will.
Als Karl in der Solmstraße einen Laden im Souterrain mit einem wunderschönen Hof entdeckt, ist klar: Das ist es. Das „alla hopp“ war geboren und mit ihm die Idee, Charakter- und Schriftstellerpuppen herzustellen und Mode für literarische Figuren zu entwerfen.puppen_karl schlarb

Das Problem: Karl hat zuvor nie eine Puppe hergestellt, geschweige denn einen Kopf modelliert. „Ein Wagnis“, gibt er heute zu, doch er lässt sich nicht beirren. Ein langer Prozess folgt: Welche Materialien eignen sich, welche Farben passen, wie modelliere ich die Köpfe? Nach und nach entwickelt Karl seine festen Methoden und Puppen wie Kafka, Heinrich Heine oder Virginia Wolf erblicken das Licht der Welt.
Neben den literarischen Themen widmet sich der Puppenmacher auch populären Themen wie den Sängern Bowie, Björk oder Elvis Presley. Zu letzterem hat der kreative Kopf eine besondere Geschichte, denn die Vorfahren des berühmten Sängers kommen nachweislich aus Hochstadt. Kein Wunder, dass der King im „alla hopp“ nicht fehlen darf.

Heimat? Bleibt immer ein Thema

Wenn das Gespräch auf die Heimat kommt, wird Karl fast schon ein wenig wehmütig. Was er an der Südpfalz besonders liebt? „Die Natur ist wunderschön. Viele in der Heimat wissen gar nicht, wie schön sie es haben“, meint der Südpfälzer. Ein bis zweimal im Jahr ist er mit seinem Lebensgefährten mindestens bei der Familie. Ob er sich vorstellen kann, irgendwann einmal wieder zurückzukehren? „Der Gedanke steht immer mal wieder im Raum“, sagt Karl. „Vielleicht richten wir unseren Alterswohnsitz wieder in der Pfalz ein, wer weiß“. Auch wenn der Puppenmacher schon über zwanzig Jahre nicht mehr in der Pfalz wohnt, sind die Wurzeln stark. „Sobald ich daheim bin, geht das auch mit dem Hochdeutsch nicht mehr“, lacht er. Wie stark der Bezug zur Heimat ist, wird deutlich als der Postbote kommt und ein Paket abgibt. Das Päckchen kommt von der Mama, darin 30 frische Eier aus der Heimat.karl puppen_mail
Karl Schlarb hat sein Handwerk und das Interesse an Literatur zu etwas Einzigartigem verknüpft. „Nicht jeder kann etwas mit meinen Puppen anfangen“, weiß er. Doch es gibt immer wieder diese Momente, in denen der Künstler weiß, wieso das der richtige Schritt war: „Manchmal kommen Menschen in den Laden und haben Tränen in den Augen, so toll finden sie meine Puppen. Ein schöneres Kompliment gibt es nicht“, weiß er. Seine Puppen sind etwas für Liebhaber. Allein am Kopf arbeitet er zwei bis drei Tage, dann kommen Körper und natürlich die Garderobe dazu. Preislich fangen die Puppen bei circa 250 Euro an. Wert sind sie jeden einzelnen Euro davon, denn in jedem Schritt, in jedem Detail steckt Herzblut. Für Karl sind einige der Puppen fast schon Freunde. Sich von ihnen zu trennen, fällt da manchmal gar nicht so leicht. Doch er freut sich, dass seine Puppen mittlerweile in der ganzen Welt zu Hause sind. Momentan sind sie zum Beispiel in einer Ausstellung in Peking zu sehen.

Eine Vision hat Karl Schlarb noch: Er möchte einmal alle Figuren eines Romans mit der kompletten Garderobe erschaffen. Am liebsten würde er den Zauberberg von Thomas Mann nachbauen. „Doch das wird wohl ein Lebensprojekt bleiben“, mutmaßt Karl „so aufwendig und kostspielig wie das wäre“. Momentan grübelt er über weitere Projekte. Mit den Puppen könnte man zum Beispiel Werke nachspielen, multimedial mit einer App, sinniert der Künstler. Auch das Reiseprojekt „Arthur auf Arttour“, bei dem er mit seiner Puppe besondere Orte besucht, macht Karl großen Spaß. Die Ideen gehen ihm jedenfalls noch lange nicht aus.

Ein Kommentar

  1. habe eine kleine Kunstgalerie in Berlin Charlottenburg. Ich wollte gerne im November eine Ausstellung zusammen mit einem Puppenmacher verwirklichen.ich wollte meine gemalten Bilder, evtl auch Fotos und Bilder anderer Künstler aufhängen und dazu Puppen in den Räumen herum gruppieren
    Wenn Sie daran Interesse hätten würde ich mich sehr freuen, über eine Kontaktaufnahme
    Meine email: Gustav.v.hirschheydt@t-online.de

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