Als sich das Eisentor hinter mir schließt und ich die Treppenstufen zum Eingang des wunderschönen Fachwerkgebäudes hochsteige, macht sich trotz meiner Neugier schlagartig Entspannung in mir breit. Wenn es Orte gibt, die von sich aus Ruhe ausstrahlen, dann ist das Ayurveda Parkschlösschen ganz sicher so ein Ort.
Ich bin in Traben-Trarbach an der Mosel und verbringe drei Tage im Ayurveda Parkschlösschen, dem einzigen Hotel in Deutschland, das sich gänzlich der fernöstlichen Heilkunst verschrieben hat. Martina Trautner von der Presseabteilung kommt mir mit einem Lächeln und offenen Armen zur Begrüßung entgegen. Ich bin erst ein paar Sekunden hier und schon hat mich dieser Ort in seinen Bann gezogen. Nach der Begrüßung zeigt mir Martina Trautner mein Zimmer. Es ist großzügig gestaltet und ganz nach den vedischen Vorstellung in gedeckten Erdtönen gehalten. Im Hintergrund ertönt leiser Gebetsgesang aus den Lautsprechern. Die Geschichte des Parkschlösschens führt zurück bis ins Jahr 1901, dem Baubeginn des städtischen Heilbads, das aus der hiesigen Thermalquelle gespeist wurde. Die Jahrhundertwende ist eine besondere Zeit für Traben-Trarbach, denn der Weinhandel floriert und die Stadt wird zur zweitgrößten Weinhandelsstadt nach Bordeaux. 1907 folgt die Erweiterung des Heilbads mit einem Anbau des Berliner Jugendstilarchitekten Bruno Möhring. Dieser kommt durch einen Architekturwettbewerb in die Stadt und ist von der Mittelmosel bezaubert. Er erbaut in den folgenden Jahren gleich mehrere Gebäude im Stil der Belle Epoque und gibt der von Bränden gebeutelten Stadt ein neues Gesicht.
Aus dem Dornröschenschlaf geholt
Von 1923 bis 1978 gehört das Heilbad der Mannesmann-Röhrenwerke, die hier ein Erholungsheim für Mitarbeiter und ihre Familien einrichtet. Danach geht der Gebäudekomplex zurück an die Stadt und steht in den kommenden Jahren leer. Familie Preuß entdeckt schließlich 1990 das fast vergessene Gebäude. Wolfgang Preuß, ein IT-Unternehmer, hatte die Wirksamkeit der Ayurveda-Medizin in einem Urlaub selbsterfahren und ist nun auf der Suche nach dem passenden Ort, um ein Ayurveda-Hotel zu eröffnen. Diesen findet er in Traben-Trarbach. Nach einer umfassenden Sanierung unter Berücksichtigung der vedischen Bauprinzipien und des Denkmalschutzes eröffnet er das Hotel 1993. Seitdem erfolgten umfangreiche Erweiterungen und Umbauten. Das direkt neben dem Hotel liegende städtische Kurmittelhaus wird 2002 an das Parkschlösschen angegliedert. Die Gäste können nun Thermalschwimmbad, Sauna, Dampfbad, Kosmetikbereich sowie Yoga- und Fitnessräume nutzen. Im Untergeschoss entsteht der Ayurvedatherapie-Bereich, streng nach Männern und Frauen getrennt. Im Anschluss an die Bauarbeiten erhält das Parkschlösschen die Auszeichnung mit 5 Sternen.
Es ist Zeit für das Mittagessen. Ich werde zu meinem Platz geführt und habe die Wahl zwischen verschiedenen Tees und warmem Wasser, das entgiftend und verdauungsfördernd wirkt. Dann bekomme ich einen kleinen Drink vorab: Ein würziges Getränk mit Ingwer, das die Verdauungskräfte aktiviert. Als der erste Gang kommt, bin ich überrascht: Es gibt eine süße Kokospraline mit warmen Beeren. „In der Ayurvedaküche fangen wir mit dem Dessert an, denn Süßspeisen sind oft schwer verdaulich“, erklärt mir die Mitarbeiterin. Zu Beginn der Mahlzeit ist das sogenannte Agni, die Verdauungskraft, am höchsten. Süßes bekommt uns dann besser. Es folgt eine leichte Gemüsesuppe, danach Polenta und Ratatouille. Auch in den kommenden Tagen werde ich immer wieder positiv vom Essen überrascht. Zum Frühstück esse ich warmen Getreidebrei mit Obstkompott, mittags gibt es raffinierte leichte Küche wie Reissalat mit Orangen und Fenchel, Linsensuppe und Auberginenragout an Zucchinispaghetti, abends bunten Couscous oder asiatische Gemüsepfanne. Ich schlemme mich mit Genuss durch alles, was das Gemüsebeet hergibt, denn das Essen ist konsequent vegetarisch. Ich bin weder hungrig noch habe ich Heißhunger auf Süßes. Selbst der Kaffee fehlt mir nicht. Ich trinke stattdessen Kapha-Tee, der mit Orangenminze, Basilikumblättern, Paprika, Feldthymian und weiteren Kräutern eine anregende und wärmende Wirkung hat.
„In der Ayurvedaküche fangen wir mit dem Dessert an.“
Auch wenn im Ayurveda Parkschlösschen auf Kaffee und Alkohol verzichtet wird, da hier in erster Linie Entgiftungskuren angeboten werden, gibt es im Ayurveda keine Verbote, sondern Richtlinien. Wer daheim seinen Kaffee am Morgen nicht missen möchte, trinkt ihn. Die ayurvedische Empfehlung: Wer ihn mit ein bisschen Zimt und Kardamom verfeinert und vielleicht noch ein wenig Ghee, also geklärte Butter, hinzugibt, der macht das sonst bittere Getränk verträglicher.
Nach dem Essen gehe ich in mein Zimmer und schaue auf meinen individuellen Tagesplan. Jeder Gast hat hier seine täglichen Termine. Je nachdem, ob man nur eine kurze Auszeit nimmt oder eine längere Kur macht, sieht der Tagesablauf anders aus. Bei der Königstherapie des Ayurveda, der Panchakarma-Kur, ist Entgiften angesagt. Die Jahrtausende alte Reinigungskur, die früher den Königen vorbehalten war, geht mit Detoxgetränken, Reinigungsverfahren und verschiedenen Behandlungen einher. Da ich nur eine kurze Auszeit mache, bin ich recht frei in der Gestaltung meines Tages. Der wichtigste Termin ist das Gespräch mit der Ayurveda-Medizinerin Vanita Kansal.
Was ist Ayurveda?
Ayurveda, die Wissenschaft vom langen Leben, stammt aus der uralten vedischen Hochkultur Indiens und ist die älteste überlieferte Gesundheitslehre der Welt. Es wird bereits seit ca. 5000 Jahren in Indien praktiziert. Ganz nach dem Motto des Parkschlösschens „Alles wirkt. Alles ist Ayurveda“, ist Ayurveda mehr als eine medizinische Richtung, es ist eine Gesundheitsphilosophie. Ayurveda geht davon aus, dass Krankheiten aus einem körperlichen und seelischen Ungleichgewicht entstehen. Ziel der ayurvedischen Lehre ist es, den Körper zu entgiften und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Anhand eines Fragebogens, in dem ich Angaben über meine äußere und innere Befindlichkeit gebe, der Überprüfung meiner Augen und meines Pulses, teilt mir die indische Medizinerin meine Doshas mit. Laut Ayurveda ist alles im Leben in die drei Doshas Vata, Pitta und Kapha unterteilt, auch wir. Im Idealzustand sollen sich die drei Doshas im ganz persönlichen Gleichgewicht befinden.
Der Vata-Typ ist eher schmächtig, künstlerisch veranlagt, liebt Abwechslung, ist begeisterungsfähig, sensibel und hat eine schnelle Auffassungsgabe. Der Pitta-Typ ist eher muskulös, technisch erfinderisch, hat eine hohe Verdauungs- und Stoffwechselaktivität, einen wachen Geist, ist ehrgeizig, leidenschaftlich und durchsetzungsstark. Der Kapha-Typ ist von der Körperlichkeit eher schwer, robust und stabil. Er hat eine ausgeprägte Ausdauer und gilt als verlässlich, geduldig und liebenswürdig.
Sie erklärt mir, dass ich ein Pitta-Vata-Typ bin. Diese beiden Doshas sind bei mir stark ausgeprägt. Mit der entsprechenden Ernährung kann ich für mehr Gleichgewicht sorgen. Ich bekomme eine Liste mit Lebensmitteln, die ich gut vertrage und welchen, die ich meiden soll. Auch eine regelmäßige Tagesroutine, Körper- und Atemübungen sowie Meditation und Yoga verhelfen zum Gleichgewicht. Zum Abschluss verschreibt die Ayurveda-Medizinerin mir als Behandlung einen Stirnguss und eine vierhändige Synchronmassage. Nach meiner Sprechstunde gehe ich zum Yoga und zur Meditation und lasse mir am Abend beim Vortrag für Neuankömmlinge noch einmal die Prinzipien des Ayurveda erklären. Nach dem Essen gehe ich in mein Zimmer und falle fast sofort in einen tiefen und erholsamen Schlaf. Den nächsten Tag beginne ich noch vor dem Frühstück mit einer Stunde Yoga. Ich komme eigentlich schwer aus dem Bett, doch heute fühle mich frisch und voller Energie. Nach dem Frühstück mache ich einen Spaziergang in die nahegelegenen Weinberge und im Garten des Hotels.
„Die Parkanlage ist voller nordamerikanischer Bäume, das Highlight ist der Mammutbaum, der imposant in die Höhe ragt.“
Zum Mittagessen treffe ich Carina Preuß, die Tochter des Hauses, die kürzlich die Leitung des Hotels übernommen hat. Sie kommt mit einem Strahlen auf mich zu, nimmt mich sofort in die Arme und bietet mir das Du an. Sie lebt das, was Ayurveda ausmacht. Sie ist herzlich, scheut keine körperliche Nähe und sprüht vor Energie. Wir reden über Gott und die Welt und sie erzählt mir, wie sie nach dem Studium in Hospitality Management in Lausanne Praxiserfahrung in Teneriffa, Mexiko und Genf sammelte und ihre Ausbildung als Yogalehrerin absolvierte. Wir tauschen uns über unsere Erfahrungen im indischen Ashram aus und könnten noch ewig weiterreden, doch meine Ayurvedabehandlung steht an.
In den heiligen Hallen
Ich ziehe meinen Bademantel an und begebe mich in die heiligen Hallen des Hauses. Zwei Frauen warten bereits auf mich. Sie werden nun gleichzeitig meinen Körper mit Öl massieren. Zunächst beginnen wir im Sitzen. Mit kreisenden Bewegungen werden meine Kopfhaut, mein Gesicht und meine Arme massiert. Dann lege ich mich auf die Liege und meine Arme und Finger und Beine und Füße sind an der Reihe. Ich merke wie mein Körper entspannt und mein Geist zur Ruhe kommt. Direkt im Anschluss an die Massage folgt der Stirnguss. Auf dem Rücken liegend wird von oben das Öl über meine Stirn und den Haaransatz gegossen. Das Mandelöl ist warm und duftet angenehm. Jegliche Anspannung in meiner Stirn weicht und ich bin tiefenentspannt. Die Tage fließen dahin. Ich mache Yoga, meditiere, lausche den Gebetsgesängen in meinem Zimmer, drehe ein paarRunden im Thermalbad und mache Saunagänge.
Das Ayurveda Parkschlösschen hat sich tief in mein Herz geschlichen. Es ist nicht nur das wunderschöne Anwesen mit dem Garten, die atemberaubende Natur an der Mittelmosel und die Entspannung. Es ist vor allem die Herzlichkeit der Mitarbeiter, die Balsam auf der Seele ist – stets ein interessiertes Nachfragen nach dem heutigen Befinden, ein Lächeln beim Vorbeigehen, ein kurzer Plausch. Ich tauche hier ein in eine Welt, die mir bisher fremd war, auch wenn ich bereits in Indien war und einen kleinen Einblick in die fernöstliche Kultur bekommen habe. Je mehr ich erfahre, desto mehr merke ich, wie komplex Ayurveda ist. Es betrifft jeden Bereich des Lebens und es gibt noch so viele Dinge, die ich nicht verstehe.
Im Ayurveda-Hotel geht es auch um die Frage, was man aus seinem Kuraufenthalt oder seiner Auszeit mit in den Alltag nehmen kann. Die strengen Schlafenszeiten, das ayurvedische Essen, all das erscheint schwer im Alltag zu etablieren. Doch es sind die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen. Kleine Routinen werten den Alltag auf, bringen uns mehr ins Gleichgewicht. Sei es die morgendliche Zungenreinigung, der tägliche Spaziergang, der Verzicht auf Rohkost am Abend. Das sind Dinge, die ich mit nach Hause nehme. Ich habe den ersten Schritt in eine Welt gemacht, die mich fesselt. Ich bin sicher, dass dieser kurze Aufenthalt nicht meine letzte Begegnung mit Ayurveda war.
Alle Infos: www.ayurveda-parkschloesschen.de
Offenlegung: Das Ayurveda Parkschlösschen hat mich eingeladen.
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