Rund 200 Jahre war er verschwunden, nun kehrt er zurück in den Pfälzerwald: der Luchs. Das Pinselohr ist scheu, flink und alles andere, als eine Schmusekatze. Angst vor einer Begegnung im Wald braucht allerdings niemand zu haben, schließlich handelt es sich beim Luchs nicht um die viel gefürchtete „Krawwelkatz“, die nach Pfälzer Volksglauben nachts die Kinder holt.
Ende Juli ist es soweit: Drei Jungtiere setzen ihre Tatzen auf Pfälzer Boden. Bei Hochspeyer werden drei Luchse ausgewildert, die in der Slowakei aufgegriffen und seit Mai in einer Quarantänestation tierärztlich behandelt wurden. Bei den Tieren aus den Karpaten handelt es sich um drei Luchswaisen namnes „Lucky“, „Kaja“ und „Luna“. Die Namen hatten sich im Vorfeld Grundschulkinder aus Rheinland-Pfalz und Lothringen ausgesucht.
Seitdem die Luchse auf deutschem Boden ausgerottet sind, kümmert sich die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (NABU) mit Auswilderungsprojekten um die Wiedereingliederung der Tiere. Das letzte Projekt im Harz liegt nun schon 14 Jahre zurück. Mittlerweile gibt es in Deutschland etwa 70 Tiere. Die Neupfälzer sollen als Pioniere für Nachwuchs sorgen. Sie sind die ersten von rund 20 Luchsen, die in den nächsten Jahren in den Karparten und der Schweiz gefangen werden sollen, um im Pfälzerwald eine neue Heimat zu finden.
Gefördert wird das 2,7 Millionen teure Projekt vor allem von der Europäischen Union aber auch vom Land. Das Umweltministerium in Mainz zahlt etwa 400.000 Euro. Weitere Gelder kommen vom WWF und der deutschen Wildtierstiftung. Träger des Projektes ist die „Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz“.
Der Pfälzerwald wird den Katzen gefallen: Das Biosphärenreservat Pfälzerwald/Nordvogesen hält viele Beutetiere und ein riesiges zusammenhängendes Waldgebiet bereit. Genug Platz für Nachwuchs und Erkundungstouren ins Nachbarland Frankreich. Die entstehenden Wanderkorridore werden mit Halsbändern via GPS-Ortung erfasst, um mehr über die Bewegungsprofile zu erfahren. Auch Fotofallen sollen die gefleckten Tiere im Auge behalten.
Mittlerweile haben die Tiere ihre unmittelbare Umgebung erkundet und erweitern ihren Bewegungsradius zunehmend. Mit einzelnen Ausflügen Richtung Südwesten konnten die Tiere in den letzten Wochen innerhalb des Freilassungsgebiets zwischen B39, B48 und Elmsteiner Tal nachgewiesen werden. Tagsüber suchen sie Deckung im Pfälzerwald, abends trauen sie sich auf die Lichtungen. „Die Dokumentation der ungefähren Wegstrecken wird über die GPS-Halsbänder der Luchse ermöglicht“, erklärt Sylvia Idelberger von der Stiftung „Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz“. „Die GPS-Einheit speichert den Aufenthaltsort der Luchse und sendet ihn per SMS direkt auf den Computer“, erklärt sie. Die drei Luchse sind Einzelgänger und bewegen sich unabhängig voneinander. Ihre Wege kreuzen sich aber immer wieder. „Unser Wunsch, dass die Tiere nach der Freilassung zunächst in der Region verweilen, wurde also vorerst erfüllt“, freut sich die Luchs-Expertin.
Doch nicht alle sind begeistert von der Rückkehr des Luchses. Vor allem Jäger und Nutztierhalter sehen in der Raubkatze eine Gefahr für Rehe und Viehherden. Obwohl Schafe oder Ziegen eher selten auf dem Speiseplan der Katze stehen, kann es vorkommen, dass Nutztiere zu Schaden kommen. Falls ein Herdentier von einem der Luchse gerissen wird, bekommt der Bauer eine Entschädigung.
Menschen müssen übrigens keine Angst haben: Das Beutespektrum des äußerst scheuen Tieres umfasst eher Rehe, Füchse, Hasen oder auch Vögel. Wer also das große Glück hat, einen der drei Luchs zu sehen, der sollte den seltenen Moment genießen.
Wer wissen will, wie es den drei Pinselohren geht, der kann sich bei luchs-rlp.de Videos anschauen und verfolgen, wo sich die Tiere gerade aufhalten.
Quelle: Stephen Wolf, dpa; www.swr.de